Innere Unruhe: wie du dich schnell selbst beruhigst

Wäre es nicht mehr als praktisch, innerhalb von fünf Minuten aus einem Zustand der inneren Unruhe in das Gefühl von Ruhe und Zufriedenheit wechseln zu können?

Oder aus einer heftigen Gefühlswallung wie Wut in einen Zustand zu kommen, in dem du eine E-Mail schreiben kannst, die beim Empfänger nicht wie eine Bombe einschlägt?

Genau dazu wirst du durch die hier vorgestellten Übungen befähigt!

Dein Atem ist ein natürliches Beruhigungsmittel

Wie schon erwähnt, ist der Atem ein kostenloses, immer vorhandenes, natürliches und außerdem nebenwirkungsfreies Beruhigungsmittel.

Und es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Emotionen, Atmung und Herzfrequenz.

Aufwühlende Emotionen wie beispielsweise Angst und Wut sind automatisch mit raschen, flachen Atemzügen und Herzklopfen bzw. „Herzrasen“ verbunden.

Auch wenn du dich unruhig, unter Druck, im Stress oder sonstwie ungut fühlst, sind sowohl dein Atem als auch dein Herz eher schneller unterwegs.

Vereinfacht in einer Formel ausgedrückt, stellt sich dieser Zusammenhang wie folgt dar:

aufwühlende Emotion = schneller Atem = schneller Herzschlag

Wenn deine Emotionen abflauen oder du dich ruhig und entspannt fühlst, werden automatisch auch dein Atem und dein Herzschlag langsamer.

Also:

innere Ruhe = langsames Atmen = langsamer Herzschlag

Innere Unruhe: So holst du dich da selbst raus

Jetzt könntest du natürlich warten, bis sich deine Gemütswallungen von selbst beruhigen, was ja ganz ohne dein Zutun früher oder später der Fall sein wird.

Wäre es nicht deutlich angenehmer, wenn du deinen Geist quasi auf Kommando beruhigen könntest?

Die gute Nachricht:

Das ist recht einfach.

Warum? Weil wir unseren Atem willentlich beeinflussen und dazu nutzen können, uns schnell zu beruhigen.

Wie?

Dein Atem beeinflusst deine Herzfrequenz und damit dein Gefühl. Wenn du langsam atmest, drosselst du damit deinen Herzschlag und beruhigst deinen Gemütszustand.

Das heißt, du musst nicht warten, bis du dich von alleine beruhigst.

Verlangsame und vertiefe stattdessen deinen Atem, stelle die Variablen der Formel um in:

langsames Atmen = langsamer Herzschlag = innere Ruhe

Aus der Angsttherapie weiß man, dass vor allem eine im Verhältnis zur Einatmung längere und möglichst tiefe Ausatmung die wesentliche Rolle spielt. Die Ausatemphase bringt die eigentliche Entspannung.

Basisübung Innere Ruhe herstellen

Probier die folgende Übung aus, die die Herstellung innerer Ruhe besonders fördert. 

Du wirst den Effekt auf dein Gefühl von innerer Ruhe bemerken, selbst wenn du gerade ruhig bist. Und es wird dir durch Üben in einer Normalsituation leichterfallen, diese effektive Technik auch im Ernstfall anzuwenden. 

Nach meiner Erfahrung fällt es den meisten Menschen nach ein wenig Übung erstaunlich leicht, sich während eines aufwühlenden Gefühls daran zu erinnern, dass langsames Atmen hilft. 

In jedem Fall leichter, als sich einfach nur selbst gut zuzureden. 

Oder hat es dir schon einmal geholfen, wenn du dir gesagt hast „Jetzt reg dich doch nicht so auf“? 

Siehst du ...

Natürliches Atemvolumen kennenlernen

Atme durch die Nase und beginne damit, deinen natürlich fließenden Atem zu beobachten.

Zähle während des Einatmens von 1 an aufwärts, solange das Einatmen andauert.

Dann zähle im gleichen Tempo bei der Ausatmung mit.

Wie lange ist die Einatmung im Vergleich zur Ausatmung? Bis zu welcher Zahl hast du beim Ein- und Ausatmen gezählt?

Gib dir einige Atemzüge Zeit, um dein natürliches Atemvolumen zu ermitteln.

 Atmung vertiefen

Atme jetzt langsam ein bis zu der Zahl, die du zuvor ermittelt hast, und dann langsam aus.

In der letzten Phase des Ausatmens ziehe erst den Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule nach innen ein und dann den gesamten Bauch.

Beobachte, wie sich dadurch dein Atem vertieft. Bis wohin zählst du jetzt beim Ausatmen?

Atmen in Stationen

Atme nun während des Einatmens in vier Stationen:    

  1. 1
    erstens in den Bauch, sodass sich die Bauchdecke hebt,
  2. 2
    zweitens in den Brustkorb, mit dem Gefühl, dass sich dieser weitet,
  3. 3
    drittens bis in die letzte Lungenspitze, sodass sich der Brustkorb hebt, so tief du kannst, ohne dass du in Luftnot gerätst.
  4. 4
    Danach lasse den Atem einfach ohne irgendeine Reihenfolge durch die Nase entweichen und ziehe zum Abschluss wieder erst den Bauchnabel, dann den Bauch ein.

Atemstopp nach dem Einatmen

Nachdem du einige Atemzüge auf diese Weise tief geatmet hast, baue am Ende des Einatmens zusätzlich einen Atemstopp ein:

Halte die Luft so lange an, wie du kannst, und atme erst danach wie zuvor aus.

Fokus auf Atemstille beim Ausatmen

Richte deine Aufmerksamkeit auf den Moment der „Atemstille“ nach dem Ausatmen und lass ihn zu, bis dein Körper wieder nach Einatmung verlangt.

Halte nach dem Einatmen nicht die Luft an, sondern wechsle nahtlos zur Ausatmung über.

Ausatmen verlängern

Zähle wieder beim Ein- und Ausatmen mit und versuche, mindestens eine Zahl länger aus- als einzuatmen.

Also z. B. „1 – 2 – 3 – 4“ einatmen, „1 – 2 – 3 – 4 – 5“ ausatmen.

Probier aus, wie weit du das Ausatmen im Vergleich zum Einatmen verlängern kannst.

Varianten zur Basisübung

Um das Gefühl von Ruhe noch zu verstärken, kannst du nach Gusto folgende Varianten einbauen. Probier aus, was dir am meisten liegt:

Duft

Unterstütze die vertiefte Atmung durch einen für dich angenehmen fantasierten oder realen Duft.

Besorge dir ein Fläschchen mit einem beruhigenden ätherischen Öl, beispielsweise Lavendel, Jasmin, Sandelholz oder Weihrauch, und halte dir während der Übung das Fläschchen unter die Nase oder verdampfe das Öl über eine Aromalampe.

Das bewusste „Erschnüffeln“ des Duftes erleichtert die tiefe Bauchatmung - und entspannt zusätzlich durch die Wirkung der Öle.

Wenn du dein Fläschchen bei dir trägst und in Stresssituationen daran riechst, kommst du später schon dadurch leicht zur Ruhe, selbst wenn du sonst nichts weiter unternimmst.

Extratipp: 

Träufle ein wenig von deinem favorisierten Lieblingsduft zum Einschlafen auf dein Kopfkissen und führe die obige Übung im Liegen durch.

Ich selbst verwende gern das Kopfkissenspray von Weleda „Sleep Therapie Lavendel“, das ich auf meinen zahlreichen Seminarreisen immer dabei habe.

Ich schätze sehr den Zusatzeffekt, dass ich mich dadurch in fremden Hotelzimmern sofort zu Hause fühle und besser schlafe, weil mich der Duft an mein eigenes Bett zu Hause erinnert.

Siehst du, ich arbeite mit allen Tricks :-).

Vielleicht ist das eine Idee, die du ausprobieren möchtest, wenn du das nächste Mal rund um den Globus unterwegs bist.

„Wegtönen“

Verstärke den entspannenden Effekt des Ausatmens, indem du dabei einen Summlaut machst, stöhnst, seufzt oder irgendeinen anderen Laut, der für dich passt.

Stell dir dabei vor, du würdest mit dem Laut zusammen alles „wegtönen“, was dich belastet, nervt oder ärgert.

Singen und pfeifen

Singe oder pfeife dein Lieblingslied. Das vertieft deinen Atem ganz natürlich: Wer singt oder pfeift, muss tief ausatmen!

Vielleicht ein Grund, warum Kinder singen, wenn sie Angst haben ...

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Die Autorin


Katharina Maehrlein, Beraterin, Certified Scrum Master und Agile Culture Coach, ist Expertin für die Themen Resilienz, Achtsamkeit und Agilität, zu denen sie mehrere erfolgreiche Bücher geschrieben hat. Seit 1996 hat sie als Coach und Beraterin über 30.000 Führungskräfte aus Unternehmen vom Mittelstand bis zum Großkonzern dabei unterstützt, den täglichen Druck zu meistern und dabei ihre Mitarbeiter so zu führen, dass sie motiviert und leistungsfähig bleiben. Mit charmantem Pragmatismus sorgt sie dafür, dass Führungskräfte und Mitarbeiter ihre Leistungskraft mit Leib und Seele einsetzen und auch unter Druck top performen.